Datum hinzugefügt: 07-10-2017 14:30:34
INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN
UND DIE AußENPOLITIK DER TÜRKEI
von Hüseyin Emre Engin, Generalkonsul Köln
Am 28.4.2017 hielt der Generalkonsul Köln, Hüseyin Emre Engin im Treffen des Türkisch Clubs des TOVAK e.V.s einen Vortrag über internationale Beziehungen auf der Welt und die Außenpolitik der Türkei. Die Zuhörer waren begeistert, weil der Vortrag und die Diskussion hinterher die Erwartungen der TOVAK-Mitglieder übertrafen. Sicherlich spielte die Art und Weise des Vortragens eine Rolle, zumal die historischen Phasen der internationalen Beziehungen biz zur Gegenwart mit Karten und einer Chronologie anschaulich erläutert wurden.
Generalkonsul Engin benannte die internationale Beziehungen dabei als “wechselseitige Beziehungen der Akteure im internationelen System” und die Außenpolitik als “Strategien der Staaten zur Bewahrung und Entwicklung ihrer nationalen Interessen bzw. Erreichung der dazu bestimmten Ziele”. Im Zusammenhang des Begriffs “Nationalstaat” wies Herr Engin auf den Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück hin: mit diesem Vertrag endete der 80-jährige Krieg zwischen Spanien und Holland und auch der 30-jährige Krieg zwischen Frankreich und Deutschland. Er schilderte die Ereignisse danach in Europa wie folgt:
“Mit dem Sieg von Frankreich aus diesen Kriegen entstand die Idee des Nationalstaates und mit dem Westfälischen Frieden der Begriff der Gewaltenteilung. In dieser Zeit expandierte das Osmanische Reich bis zur Mitte von Europa. Die französische Epoche, die mit dem Westfälischen Frieden anfing, dauerte bis 1815. Nach dem Ende der Ära Napoleons und parelell mit dem Rückgang des Osmanischen Reiches fing in Europa die Phase des Friedens an. Die wirtschaftliche Entwicklung und der Arbeiteraufstand verusachten aber auch die ersten Schritte des Kommunismus. Der Erste Weltkrieg am Anfang des 20. Jahrhunderts beendete in der politischen Geschichte von Europa die Kolonialzeit und bewirkte die Gründung der Nationalstaaten anstatt anstelle von Imperien. In dieser Zeit stellte die Gründung der Republik der Türkei nach einem nationalen Befreiungskrieg unter der Führung von Mustafa Kemal Atatürk das erste besondere Beispiel des Kampfes gegen den Imperialismus dar. 1923 nahm die Türkei als Nationalstaat mit dem Prinzip “Frieden im Lande und Frieden auf der Welt” seinen Platz in Europa ein. Der Erfolg der Türkei, nicht in den Zweiten Weltkrieg verwickelt zu werden, zählte im Rahmen der internationalen Beziehungen zu einem besonderen Verdienst für den Frieden."
Der türkische Generalkonsul Hüseyin Emre Engin wies sodann mit Bezug auf die internationalen Beziehungen Mitte des 20 Jahrhunderts auf die Politik der Supermächte USA und Sowjetunion hin, die sich auf eine Rüstungsbalance stützte ("Gleichgewicht des Schreckens") und danach in dem Kalten Krieg zwischen beiden Lagern mündete. Er betonte, dass die Aussenpolitik der Türkei in der Folge entsprechend dieser internationalen Lage und gemäß der bedeutenden geo-strategischen Lage der Türkei gestaltet wurde. Da die Türkei an der politischen Trennungslinie und auch an der Schnittstelle der europäischen und asiatischen Kontinente liegt, müsste nach der Meinung von Herrn Engin die Türkei für das 21. Jahrhundert im komplexen Spannungsfeld zwischen der neuen Politik von Washington und Moskau für Afrika und den Nahen Osten eine neue Strategie festlegen. Danach äußerte sich Herr Engin zusammenfassend wie folgt:
Die Türkei hatte bis zum zum Jahr 2000 die Position einer “Grenzsicherung des Westens im Osten” inne. Die politische Großwetterlage änderte sich aber nach 2000. Nach dem militärischen Vorgehen der USA im Irak fing in der arabischen Welt und in Nordafrika der sogenannte arabische Frühling an. Die innenpolitischen Entwicklugnen der Region ließen anfänglich die Hoffnung für mehr Demokratie dort aufkeimen, die letztendlich jedoch fehlschlug. In der Region herrscht heute im Gegenteil Chaos und Kriege. Dementsprechend müssten die Großmächte und die Türkei, die in dieser Region ein Land von herausgehobener geo-strategischer und geo-politischer Bedeutung ist, außenpolitisch die aktuelle Lage in der Region politisch bewerten und unter die Lupe nehmen. Des Weiteren spielt ein anderer Faktor in der Außenpolitik der Türkei eine zunehmend wichtige Rolle: und zwar die Beziehungen zur EU, die auf den politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Ebenen bereits seit einem halben Jahrhundert andauern und für die heutige Türkei unentbehrlich sind. Die Bedeutung der westlichen für die heutige türkische Außenpolitik ist nicht zu vernachlässigen, auch wenn zahlreiche andere Länder der Welt je nach der geänderten Beziehungslage aktuell und zeitlich eine größere Nähe zur Türkei suchten. Die EU bildet für die Türkei auf allen Ebenen einen nicht zu unterschätzenden Rückhalt und hat nach wie vor eine Anker-Funktion, wobei die beiderseitigen Beziehungen die mittlerweile veränderten Bedingungen berücksichtigen müssen. Wie breit aufgestellt die türkische Außenpolitik inzwischen ist, läßt sich an den insgesamt 234 diplomatischen Vertretungen der Türkei auf der gesamten Welt ablesen. Die neuen globalen Enwicklungen erstrecken sich auf neue Dimensionen. Vor diesem Hintergrund befinden sich sicherlich nicht nur die Türkei, sondern auch die anderen Länder auf der Welt in der Zwangslage, eine entsprechende Reaktion zu zeigen und neue Politiken zu formulieren.
Der Generalkonsul der Republik der Türkei in Köln, Hüseyin Emre Engin hielt am 28.04.2017 diesen Vortrag über internationale Beziehungen und Außenpolitik der Türkei. im Rahmen der Vortragsreihe des TOVAK Köln zur vollsten Zufriedenheit der Teilnehmenden.
Türkiye Toplum Hizmetleri Vakfı (TOVAK)www.tovak.eu